Gesellschaftsrecht bricht Erbrecht – typische Stolperfallen bei der Unternehmensnachfolge 

Ein weiser Mensch denkt an die Zukunft, bevor sie da ist. – Konfuzius 

– Achtung vor falschen Nachfolgeklauseln – 

Ein Unternehmen aufzubauen ist eine Lebensleistung, die in der Regel nicht nur Zeit und Mühe, sondern auch Herzblut erfordert. Umso wichtiger ist es, diesen Erfolg durch eine gelungene Unternehmensnachfolge zu sichern – auch über die eigene Lebenszeit hinaus. Genau hier setzt das Abfassen eines „Unternehmertestaments“ an. Es dient dazu, für den Ernstfall vorzusorgen. Ist das Testament gut gestaltet, sichert es den Fortbestand des Unternehmens und vermeidet Streitigkeiten innerhalb der Familie. Hierbei gibt es jedoch einige Fallstricke, die es zu beachten gilt: unklare oder fehlende Regelungen, Nichtberücksichtigung evtl. bestehender Pflichtteilsansprüche, Entstehung einer Erbengemeinschaft, die Wahl der falschen Rechtsform, schlechte steuerliche Gestaltungen oder Widersprüche zwischen dem Testament und den bestehenden Gesellschaftsverträgen. Besonders die Abstimmung zwischen dem Erb- und Gesellschaftsrecht entscheidet darüber, ob die Unternehmensnachfolge reibungslos gelingt oder nicht. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, welche Fehler hier passieren können und wie sich diese vermeiden lassen. Genau hier setzt eine gute Nachfolgeberatung an. Aber der Reihe nach! 

Warum das Gesellschaftsrecht über das Erbrecht triumphiert 

Ein Unternehmen erfolgreich an die nächste Generation zu übergeben, kann herausfordernd sein. Viele Unternehmer erstellen daher ein Testament, um sicherzustellen, dass ihr Unternehmen nach ihrem Tod in den richtigen Händen bleibt. Doch dabei wird ein entscheidender Punkt oft übersehen: Das Gesellschaftsrecht bricht das Erbrecht! 
Das bedeutet, dass eine testamentarische Regelung zur Unternehmensnachfolge ins Leere laufen kann, wenn sie den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zuwiderläuft. Genau hier lauert eine der größten Stolperfallen für Unternehmer. Denn eine „falsche“ Nachfolgeklausel kann dazu führen, dass der gewünschte Nachfolger, der im Testament benannt ist, gar nicht Gesellschafter wird. 

Hierzu ein plakatives Beispiel: 

Herr Müller ist geschäftsführender Gesellschafter einer traditionsreichen GmbH & Co. KG. Er hat zwei Kinder: einen Sohn, der seit Jahren im Ausland lebt und mit dem Unternehmen nichts zu tun hat, und eine Tochter, die sich seit dem Studium engagiert im Familienunternehmen einbringt und bereits eine führende Position innehat. Herr Müller möchte sicherstellen, dass seine Tochter seine Anteile übernimmt. In seinem Testament bestimmt er sie zur Alleinerbin und weist ausdrücklich an, dass sie seine Gesellschaftsanteile übernehmen und als Nachfolgerin in die Gesellschaft eintreten soll. 

Was Herr Müller übersieht: Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG stammt noch aus den 1970er Jahren und enthält eine qualifizierte Nachfolgeklausel, nach der nur männliche Abkömmlinge als Gesellschafter nachrücken dürfen. Eine Anpassung dieser überholten Regelung hat nie stattgefunden. Trotz testamentarischer Alleinerbeneinsetzung wird die Tochter nicht Gesellschafterin, da der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich ausschließt. Die erbrechtliche Regelung geht ins Leere. Stattdessen wächst der Anteil des verstorbenen Vaters den verbleibenden Gesellschaftern an. Die Tochter erhält lediglich eine Abfindung. 

Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag – worauf es ankommt 

Der Gesellschaftsvertrag spielt eine zentrale Rolle bei der Unternehmensnachfolge. Denn die Gesellschafter eines Unternehmens haben zumeist ein Interesse daran, dass nicht jede x-beliebige Person im Falle des Todes eines Gesellschafters in das Unternehmen eintreten kann. Vielmehr enthalten die Gesellschaftsverträge in der Regel sog. Nachfolgeklauseln, die dem Eintritt eines unliebsamen Erben den Riegel vorschieben. Der erste Schritt bei der Unternehmensnachfolge besteht also darin, sich den Gesellschaftsvertrag anzuschauen und diesen nach solchen Klauseln zu durchstöbern. 

Welche Nachfolgeklauseln gibt es? 

Man unterscheidet zwischen verschiedenen Nachfolgeklauseln. Im Folgenden sollen die bekanntesten Klauseln dargestellt werden: 

  • Einfache Nachfolgeklausel: 
  • Alle im Testament benannten Erben treten automatisch in die Gesellschafterstellung ein. Die Gesellschaft wird mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters weitergeführt – dies kann aber dann problematisch sein, wenn es viele Erben gibt (Entstehung einer Erbengemeinschaft). 
  • Qualifizierte Nachfolgeklausel: 
  • Nur bestimmte Erben dürfen Gesellschafter werden (z. B. nur Abkömmlinge oder ein Kind mit unternehmerischer Erfahrung). 
    Andere Erben erhalten eine Abfindung. 
  • Eintrittsklausel: 
  • Erben haben lediglich das Recht, Gesellschafter zu werden – aber keine Pflicht. 
    Vermeidet, dass ungeeignete Personen zwangsweise Gesellschafter werden. 
  • Fortsetzungsklausel: 
  • Trifft der Gesellschaftsvertrag keine Regelung oder sieht er im Falle des Todes eines Gesellschafters ausdrücklich die Fortsetzung der Gesellschaft mit den (noch lebenden) Gesellschaftern vor, scheidet der Gesellschafter mit seinem Tod aus der Gesellschaft aus. Der Anteil des verstorbenen Gesellschafters wächst den anderen Gesellschaftern an. Die Erben erhalten für den Verlust des Gesellschaftsanteils eine Abfindung. 
Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft – was gilt für die Unternehmensnachfolge? 

Bei der Nachfolgegestaltung muss strikt zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unterschieden werden. Die oben dargestellten Nachfolgeklauseln (einfache Nachfolgeklausel etc.) betreffen die Nachfolge in Anteile an Personengesellschaften. 

  • Unternehmensnachfolge in Personengesellschaften (z. B. GbR, OHG, KG): 

Die Anteile eines verstorbenen Gesellschafters gehen nur dann auf die Erben über, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zugelassen wird (z. B. einfache Nachfolgeklausel, qualifizierte Nachfolgeklausel etc.). Bei mehreren Erben führt eine einfache Nachfolgeklausel dazu, dass alle Erben Gesellschafter werden (siehe oben). 

  • Unternehmensnachfolge in Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG): 

 
Diese Anteile sind grundsätzlich frei vererblich. Die Erben bilden eine Erbengemeinschaft und müssen daher gemeinsam Entscheidungen treffen. 
Auch hier empfiehlt es sich, eine Regelung im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, die vorsieht, dass die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung so lange ruhen, bis die Erbengemeinschaft einen gemeinsamen Vertreter bestellt hat, welcher die Erbengemeinschaft in der Gesellschafterversammlung vertritt. 

Um Konflikte zu vermeiden, kann im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, dass die Gesellschafterversammlung – somit die Mitgesellschafter – in einem Erbfall berechtigt ist, die Anteile des verstorbenen Gesellschafters einzuziehen. Den Erben steht dann eine Abfindung zu. Da die Abfindung – ohne eine ausdrückliche Regelung – grundsätzlich nach dem Verkehrswert erfolgen muss, bietet es sich an, eine Regelung im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, die den Abfindungsanspruch der Erben beschränkt. Stehen dem Unternehmen nämlich nicht genug liquide Mittel zur Verfügung, kann die Gesellschaft schnell in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. 

Wichtige Punkte der Unternehmensnachfolgeberatung: 
  • Prüfung des Gesellschaftsvertrags auf erbrechtliche Widersprüche im Testament 
  • Anpassung des Gesellschaftsvertrags bzw. des Testaments – falls nötig 
  • Welche Auswirkungen hätte der plötzliche Tod des Unternehmers bzw. Gesellschafters, insbesondere in steuerlicher Hinsicht 
  • Vermeidung von Streitigkeiten zwischen Erben und Gesellschaftern – z. B. durch klare und transparente Abfindungsklauseln im Gesellschaftsvertrag 
  • Vermeidung von Streitigkeiten mit Pflichtteilsberechtigten 
  • Versorgung des überlebenden Ehepartners 

Fazit: 

Die lebzeitige Unternehmensnachfolge bietet in den allermeisten Fällen die besten Gestaltungsmöglichkeiten – rechtlich, steuerlich und mit Blick auf den Familienfrieden. Wird das Unternehmen bewusst und strukturiert zu Lebzeiten auf die nächste Generation übertragen, lassen sich viele Risiken vermeiden. 

 
Eins ist aber auch klar: Das Leben ist nicht planbar. Krankheit, Unfall oder ein plötzlicher Todesfall können jederzeit eintreten – unabhängig vom Alter oder der Größe des Unternehmens. Deshalb gehört ein durchdachtes Unternehmertestament in den „Nachfolgekoffer“ eines jeden Unternehmers – nicht erst mit 60, sondern idealerweise schon in jungen Jahren. 

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