
Behindertentestament gestalten
Vorausschauend planen, Familienvermögen schützen
Schutz des Familienvermögens und Sicherung des behinderten Erben
Ein sogenanntes Behindertentestament stellt eine spezielle Form der letztwilligen Verfügung dar, um das geerbte Vermögen eines behinderten Angehörigen zu schützen und gleichzeitig den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf dieses Erbe zu verhindern. Eltern, die für ihr behindertes Kind vorsorgen wollen, sollten sich umfassend mit den Aspekten der Erbeinsetzung, der gesetzlichen Erbfolge und den rechtlichen Möglichkeiten der Vererbung auseinandersetzen. Unsere Fachanwälte für Erbrecht helfen Ihnen gerne, das Testament optimal zu gestalten.
Wissenswertes zum Thema Behindertentestament
Warum ist ein Behindertentestament wichtig?
Behinderten Menschen, die Sozialleistungen wie Eingliederungshilfe oder andere Unterstützungen beziehen, droht im Erbfall oft der Verlust der ihnen zustehenden Sozialleistungen. Meist liegt das ererbte Vermögen über den zulässigen Freibeträgen, sodass die Sozialleistungen wie Eingliederungshilfe entfallen und die Erbschaft vorrangig aufgebraucht werden muss.
Ein Rückgriff des Sozialleistungsträgers kann auch dadurch erfolgen, das Pflichtteilsansprüche des behinderten Kindes auf den Sozialleistungsträger übergeleitet werden, der dann häufig nach Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil für das behinderte Kind geltend macht und auf diesem Wege Vermögen generiert, was vorrangig für Unterbringungskosten, Betreuungskosten oder andere täglichen Aufwendungen einzusetzen ist. Auch in dieser Konstellation entfällt, jedenfalls temporär, der Anspruch auf Sozialleistungen.
Ein gut durchdachtes und individuell gestaltetes Behindertentestament verhindert den Rückgriff des Sozialleistungsträgers auf die Erbschaft und schützt so Ihr Familienvermögen langfristig.
Die rechtliche Konstruktion des Behindertentestaments
Die besondere Herausforderung besteht darin, die Erbeinsetzung so zu regeln, dass das behinderte Kind nicht als Vollerbe auftritt. Dies kann nach aktuellem Stand der Rechtsprechung und Literatur auf verschiedene Gestaltungsweisen erreicht werden. Ob im konkreten Fall die klassische Gestaltungsweise über die Vor- und Nacherbschaft gewählt wird, oder auf das Konstrukt des Vor- und Nachvermächtnis zurückgegriffen wird, hängt von der individuellen familiären Situation ab und muss im Einzelfall erörtert werden. Auch wenn die Gestaltung über die Vor- und Nacherbschaft sicherlich etabliert ist, so hat sie doch gerade im Hinblick auf die damit einhergehenden Folgen in Bezug auf die Erbschaftssteuer erhebliche Schwächen. Auch dürfte es im ersten Erbfall nur wenig erstrebenswert sein, eine Erbengemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und dem behinderten Kind zu produzieren.
Unabhängig von der individuellen Gestaltungsweise des Behindertentestaments ist die Anordnung von Testamentsvollstreckung essenziell. Zur Verwaltung des ererbten Vermögens ist die Anordnung einer sog. Dauertestamentsvollstreckung gem. § 2209 BGB geboten, damit die Verwaltung der Erbschaft dauerhaft rechtssicher erfolgen kann. Bei der konkreten Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung ist Sorgfalt geboten. Die Verwaltungsanordnungen an den Testamentsvollstrecker sollten abstrakt und konkret zugleich sein. Was an dieser Stelle erstmal wie ein Widerspruch erscheint, ist allerdings nötig, damit der Testamentsvollstrecker die Flexibilität behält, um auf unvorhersehbare Umstände adäquat reagieren zu können und gleichzeitig so klar definiert sein, dass sie den aktuellen rechtlichen Anforderungen, insbesondere aus dem Sozialrecht genügen.
Wichtige Bestandteile eines Behindertentestaments
- Vorerbschaft und Nacherbschaft: Das behinderte Kind wird als Vorerbe eingesetzt, die Nacherben treten erst nach dessen Tod in die Erbfolge ein.
- Vorvermächtnis und Nachvermächtnis: Diese Gestaltung bietet sich bei Ehegatten an. Im ersten Erbfall erhält das behinderte Kind ein sog. Vorvermächtnis. Das Nachvermächtnis fällt an, wenn das behinderte Kind verstirbt.
- Dauertestamentsvollstreckung: Ein Testamentsvollstrecker verwaltet das geerbte Vermögen und sichert es für den Erben ab.
- Durch geschickte Testamentsgestaltung kann sichergestellt werden, dass das behinderten Kind dennoch Zugriff auf notwendige Mittel hat.
Pflichtteil und Enterbung im Behindertentestament
Ein Behindertentestament sollte auch Probleme im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Pflichtteil abdecken.
Probleme können sich hier insbesondere bei Ehegatten ergeben. Häufig entspricht es dem Wunsch der Ehegatten, sich bei Eintritt des ersten Erbfalls wechselseitig zu Alleinerben einzusetzen (Berliner Testament). Der gegenseitige Wunsch nach Absicherung ist legitim. Die klassische Gestaltung wie man sie aus üblichen Ehegattentestament kennt, kann bei Vorhandensein behinderter Kinder allerdings dazu führen, dass der Sozialhilfeträger den Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes auf sich überleitet und dann im Namen des Kindes den Pflichtteil geltend macht. Das ist aus zwei Gründen misslich: einerseits handelt es sich beim Pflichtteilsanspruch um einen Anspruch auf Zahlung, sodass bei Überschreiten der Vermögensfreibeträgen und Schonvermögen auch hier der Entfall von Sozialleistungen, wie z.B. Eingliederungshilfe droht und das Familienvermögen nicht vor dem Rückgriff des Staates gesichert ist. Darüber hinaus kann ein Pflichtteilsanspruch für den überlebenden Ehegatten zum finanziellen Problem werden, wenn nicht ausreichend Liquidität vorhanden ist, z.B. weil das Vermögen in Sachwerten oder Immobilien gebunden ist.
Behindertentestament und Schenkungen
Zu berücksichtigen sind auch Probleme, die im Zusammenhang mit lebzeitigen Schenkungen der Eltern an andere, gesunde Kinder erfolgen. Das behinderte Kind ist ebenfalls Pflichtteilsberechtigte Person, sodass Schenkungen an Geschwisterkinder durch die Eltern Pflichtteilsergänzungsansprüche zugunsten des behinderten Kindes auslösen kann. Auch dieser Pflichtteilsergänzungsanspruch kann im Erbfall auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden und wird bei Auszahlung eigenes Vermögen des behinderten Kindes, was wiederum negative Auswirkungen auf Sozialleistungen haben kann.
Wenn die Eltern also lebzeitige Schenkungen an gesunde Kinder erwägen, sollte dieser Vorgang rechtlich durch einen Fachanwalt für Erbrecht begleitet werden und zum Schutz des Familienvermögens auch durch adäquate Gestaltung des Behindertentestaments berücksichtigt werden.
Warum protego.legal?
Ein Behindertentestament ist ein wichtiges Instrument, um das ererbte Vermögen eines behinderten Kindes zu schützen und den Zugriff des Sozialhilfeträgers zu verhindern. Ein rechtssicher gestaltetes Behindertentestament ist in diesem Bereich doppelt wichtig, da so nicht nur der Wille des Erblassers umgesetzt wird, sondern auch die finanzielle Absicherung eines behinderten Angehörigen sichergestellt wird. Um all diesen Anforderungen und komplexen Gestaltungsmöglichkeiten gerecht zu werden, empfehlen wir stets die Beratung und Begleitung durch einen Fachanwalt für Erbrecht
Häufig gestellte Fragen zum Thema Behindertentestament
Wer kann ein Behindertentestament erstellen?
Ein Behindertentestament sollten alle Menschen erstellen, bei denen es aufgrund der familiären Situation denkbar ist, dass ein behinderter Angehöriger zur Erbfolge gelangt. Dementsprechend sollten sich auch Großeltern von behinderten Kindern bei ihrer eigenen Verfügung von Todes wegen hierzu beraten lassen, auch wenn das eigene, primär als Schlusserbe vorgesehene Kind keine Beeinträchtigung hat.
Was ist ein Behindertentestament?
Ein Behindertentestament ist eine speziell gestaltete Verfügung von Todes wegen, die aufgrund der Gestaltungsweise verhindert, dass der Sozialhilfeträger auf das ererbte Vermögen zugreift.
Muss ein Behindertentestament notariell beglaubigt werden?
Für die Errichtung eines Behindertentestaments gelten die gleichen Anforderungen wir für gewöhnliche Verfügungen von Todes wegen. Die Errichtung kann privat, handschriftlich erfolgen oder auch notariell. Die notarielle Errichtung kann sinnvoll sein, ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
Warum ist die Enterbung eines behinderten Kindes nicht sinnvoll?
Kinder – egal ob mit Beeinträchtigung oder nicht – sind pflichtteilsberechtigt und haben im Fall ihrer Enterbung daher Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser Anspruch kann und wird auf den Sozialhilfeträger übergeleitet, was bei entsprechend großem Anspruch zum Verlust von Sozialleistungen führen kann, weil Eigenvermögen primär einzusetzen ist.
Wer erbt das Vermögen eines behinderten Menschen?
Die Erbfolge eines beeinträchtigten Menschen richtet sich -sofern kein Testament vorhanden ist- nach der gesetzlichen Erbfolge. Ein Behindertentestament bedeutet also nicht, dass es sich um ein Testament eines behinderten Menschen handelt, sondern ist tatsächlich eine Absicherung für Fälle, in denen behinderte Menschen selbst zu Erben werden.
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