Fachanwalt für Erbrecht
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Wann verjähren meine Pflichtteilsansprüche? 

Wenn man enterbt wurde: Was bedeutet das überhaupt? 

Viele Menschen erleben es als schmerzhaft und unfair, wenn sie nach dem Tod eines nahen Angehörigen erfahren, dass sie im Testament nicht bedacht wurden. Besonders Kinder des Verstorbenen – insbesondere, wenn die Geschwister des Übergangenen oder ein neuer Lebenspartner testamentarisch bedacht wurde – fühlen sich durch eine Enterbung zumeist übergangen.  

Doch selbst wer enterbt wurde, geht nicht leer aus. Das deutsche Erbrecht sieht für diesen Fall den sogenannten Pflichtteil vor. Er sichert nahen Angehörigen eine Mindestbeteiligung am Erbe – in Form eines reinen Geldanspruchs gegen die Erben. 

Aber Achtung: Auch der Pflichtteilsanspruch verjährt. Und das bedeutet, dass er nach einer bestimmten Frist nicht mehr durchsetzbar ist – selbst wenn er eigentlich gerechtfertigt wäre. 

In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Pflichtteilsansprüche verjähren, welche Sonderregeln gelten und was Sie tun können, um Ihre Ansprüche zu sichern. 

Pflichtteilsanspruch – ein kurzer Überblick 

Der Pflichtteil ist eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass, die bestimmten nahen Angehörigen zusteht, auch wenn sie im Testament nicht bedacht wurden.  

Anspruchsberechtigt sind in der Regel: 

– Kinder (auch adoptierte), 
– Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner, 
– und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Eltern des Verstorbenen. 

Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils – in Geld, nicht in Form von Gegenständen oder Immobilien. Er richtet sich gegen die Erben, nicht gegen den Nachlass. 

Doch was viele nicht wissen: Man hat nicht unbegrenzt Zeit, diesen Anspruch geltend zu machen. 

Die regelmäßige Verjährungsfrist: Drei Jahre 

In den meisten Fällen gilt für Pflichtteilsansprüche die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 

  • Der Erbfall ist eingetreten – also der Angehörige ist verstorben. 
  • Sie wissen, dass Sie enterbt wurden, weil Sie den Inhalt des Testaments des Verstorbenen kennen.  
  •  Sie wissen, wer Erbe geworden ist. 

Sobald Ihnen also bewusst ist, dass Sie im Testament nicht bedacht wurden und wer stattdessen erbt, läuft die Uhr. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie drei Jahre Zeit, Ihren Pflichtteil geltend zu machen. Die Frist beginnt allerdings erst am 31. Dezember des betreffenden Jahres zu laufen. Hierzu ein 

Beispiel: 
Ihr Vater verstirbt im März 2022. Im Juli 2022 erfahren Sie durch das Nachlassgericht vom Testament und davon, dass Ihre Schwester alleinige Erbin ist. Die Verjährung beginnt am 31.12.2022 und endet am 31.12.2025. 

Sonderfall: Die Höchstfrist von 30 Jahren 

Was passiert, wenn Sie gar nichts vom Testament wissen – oder erst sehr spät? Auch hier schützt das Gesetz die Erben, aber in gewisser Weise auch Sie: 

Selbst wenn Sie keine Kenntnis vom Testament haben, verjährt der Pflichtteilsanspruch spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall. Diese lange Frist spielt in der Praxis vor allem dann eine Rolle, wenn der Kontakt zur Familie abgebrochen war und Ihre Daten vom Nachlassgericht bei der Eröffnung des Testaments nicht ermittelt werden konnten. 

Sonderfall: „Rückforderung von Schenkungen“ bei Pflichtteilsergänzung –Verjährung endet genau drei Jahre nach dem Tod des Erblassers 

Neben dem eigentlichen Pflichtteilsanspruch gibt es noch den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser greift, wenn der Erblasser zu Lebzeiten (größere) Vermögenswerte verschenkt hat – etwa Immobilien oder Geldbeträge – und dadurch der Nachlass künstlich verringert wurde. In solchen Fällen kann es sein, dass Sie von den Beschenkten, der nicht Erbe geworden ist, direkt eine Zahlung verlangen können. 

Hier gilt eine besondere Verjährungsregel: 

Der Anspruch gegen den Beschenkten verjährt drei Jahre nach dem Erbfall, gerechnet ab dem Todestag des Erblassers – unabhängig davon, ob Sie on der Schenkung oder Ihrer Enterbung Kenntnis hatten. Diese taggenaue Verjährung unterscheidet sich von der regulären Verjährung des Pflichtteilsanspruchs gegen die Erben, die erst mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem Sie von Ihrer Enterbung erfahren haben. 

Beispiel: 

Der Erblasser verstirbt am 10. Mai 2022. Sie erfahren erst im Juni 2025, dass er kurz vor seinem Tod eine Immobilie an einen Dritten verschenkt hat. Da der Nachlass nicht ausreicht, um Ihren Pflichtteil zu erfüllen, möchten Sie den Beschenkten in Anspruch nehmen. Achtung: Der Anspruch gegen den Beschenkten ist bereits am 10. Mai 2025 verjährt – exakt drei Jahre nach dem Erbfall. Ihre späte Kenntnis von der Schenkung ändert daran nichts. 

Diese spezielle Verjährungsregelung macht deutlich, wie entscheidend es ist, frühzeitig nach dem Erbfall zu prüfen, ob Schenkungen erfolgt sind, die Ihren Pflichtteil beeinträchtigen könnten. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie Ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen. 

Verjährung hemmen: Was kann ich tun? 

Wenn die Verjährung droht, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Frist zu unterbrechen oder zu hemmen. Das bedeutet: Die Uhr wird angehalten. Hier einige Beispiele: 

  • Gütliche Verhandlungen mit den Erben 

Wenn Sie mit den Erben über Ihren Pflichtteil sprechen, kann das die Verjährung hemmen – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wichtig ist, dass klar ist, dass es sich um ernsthafte Verhandlungen über den Pflichtteilsanspruch handelt. Die Hemmung endet, wenn keine Einigung erzielt wird. 

  • Aufforderung zur Auskunft 

Der erste Schritt bei der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs ist fast immer die außergerichtliche Aufforderung zur Auskunft über den Nachlass gegenüber dem Erben. Aus Beweisgründen sollte diese Aufforderung stets schriftlich erfolgen – idealerweise mit dokumentierter Zustellung. Wichtig: Allein dadurch, dass der Erbe außergerichtlich angeschrieben und der Pflichtteil geltend gemacht wird, hemmt die Verjährungsfrist nicht

  • Klageerhebung 

Die sicherste Methode, die Verjährung zu unterbrechen, ist die Erhebung einer Klage bei einem Zivilgericht – Amtsgericht oder Landgericht. Sobald Sie Ihren Anspruch auf Pflichtteil vor Gericht geltend machen, wird die Verjährung „gestoppt“. Aber auch hier, gibt es natürlich einiges zu beachten (Anwaltszwang beim Landgericht, rechtzeitige Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses etc.). 

Was passiert, wenn der Anspruch verjährt ist? 

Wenn die Verjährung abgelaufen ist, können Sie den Pflichtteil nicht mehr durchsetzen – selbst, wenn er Ihnen dem Grunde nach zustehen würde. Die Erben sind dann rechtlich nicht mehr verpflichtet, zu zahlen. Oft bleibt dann nur noch die Hoffnung auf eine freiwillige Zahlung aus moralischen Gründen – was jedoch eher selten ist. 

Warum Sie jetzt handeln sollten – auch wenn Sie unsicher sind!? 

Viele Betroffene zögern, ihre Ansprüche geltend zu machen. Aus Unsicherheit, aus Rücksicht auf die Familie oder weil sie hoffen, dass „schon alles seine Ordnung hat“. Doch gerade beim Pflichtteil lohnt es sich, frühzeitig Klarheit zu schaffen. 

Schon eine erste rechtliche Einschätzung kann helfen, Ihre Position zu verstehen und die nötigen Schritte einzuleiten. 

Fazit: Pflichtteil und Verjährung – das sollten Sie sich merken 

  • Der Pflichtteilsanspruch verjährt in der Regel nach drei Jahren, beginnend mit dem Jahresende, in dem Sie von der Enterbung und dem Erben erfahren haben. 
  • Spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall ist endgültig Schluss – auch ohne Kenntnis. 
  • Bei Schenkungen an Dritte verjähren die Zahlungsansprüche auf den Tag genau drei Jahre nach dem Erbfall – kenntnisunabhängig. 
  • Durch bestimmte Maßnahmen – etwa Klage oder einen Verjährungsverzicht des Erben – kann die Verjährung gehemmt oder unterbrochen werden. 
  • Wer zu lange wartet, riskiert den Verlust seines Anspruchs. 

Sie wurden enterbt? Lassen Sie sich jetzt beraten 

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Anspruch noch durchsetzbar ist, oder ob und in welcher Höhe Ihnen ein Pflichtteil zusteht, sollten Sie keine Zeit verlieren. Die Verjährung kann tückisch sein – vor allem, wenn Sie wichtige Fristen verpassen. 

Als Fachanwalt für Erbrecht beraten wir Sie kompetent, einfühlsam und mit langjähriger Erfahrung in Pflichtteilsangelegenheiten. Gemeinsam finden wir heraus, welche Schritte jetzt sinnvoll sind – und wie Sie Ihre Ansprüche sichern können. 

Nehmen Sie jetzt Kontakt auf unter www.protego.legal – wir sind für Sie da. 

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